NIEDRIGLOHNSEKTOR:
17/02/2016:
Immer noch haben 22 Branchen in NRW Niedriglöhne per Tarif
(von Markus Krüsemann)
Der soeben veröffentlichte Tarifspiegel 2015 für das Land Nordrhein-Westfalen bringt es an den Tag. Zwar sind die Tariflöhne in sechs Branchen im letzten Jahr aus dem Niedriglohnbereich herausgewachsen, immer noch aber gibt es in NRW 22 Branchen mit tariflichen Einstiegsentgelten im Niedriglohnbereich. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn hat damit übrigens nichts zu tun.
Seit 2004 veröffentlicht das Tarifregister NRW jährlich einen Tarifspiegel, der Auskunft über die tariflichen Grundvergütungen der niedrigsten Lohn- und Gehaltsgruppen gibt. Für 2015 wurden 174 Branchentarifverträge ausgewertet. Tarifliche Niedriglöhne lagen laut Tarifspiegel dann vor, wenn Stundenlöhne unterhalb von 10,36 Euro (brutto) vereinbart waren. Diese Schwelle entspricht einer bereits im Jahr 2010 vom Statistischen Bundesamt ermittelten Niedriglohngrenze.
Tarifliche Niedriglöhne gab es demnach 2015 noch in 22 Branchen im Land. Hier wurden tarifliche Einstiegsgehälter (nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung) von weniger als 10,36 Euro/Std. gezahlt. Unter Einbezug der Berufsausbildungsgehälter hatte es sogar in 74 Wirtschaftszweigen noch tarifliche Grundvergütungen unterhalb der Niedriglohnschwelle gegeben, wobei Zuschläge wie Urlaubsgeld und Sonderzahlungen nicht berücksichtigt wurden.
Zu den Beschäftigten in NRW-Branchen mit den niedrigsten Einstiegsgehältern nach Berufsausbildung zählen etwa:
Es zeigt sich, dass Tariflöhne auch im Jahr 2015 noch keinen generell verlässlichen Schutz vor Niedriglöhnen geboten haben, auch wenn die Beschäftigten in den tarifvertragsfreien Zonen, also da, wo Unternehmen und Betriebe sich der Tarifbindung verweigern, noch erheblich schlechter geschützt sind. Der allgemeine Mindestlohn bleibt hier wie dort wegen seiner zu geringen Höhe von 8,50 Euro sowieso wirkungslos.
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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.